Woche 8

die Farmen Namibias

Vor gut zwei Wochen war ich mit Rudi im Süden auf den Farmgottesdiensten. Dort lernte ich die Welt der Farmer ein bisschen besser kennen. Die Farmen kann man kaum mit den Bauernhöfen in der Schweiz vergleichen. Erstens sind die Farmen hier unglaublich weitläufig. Durchschnittlich ist ein einzelnes Farmland etwa 10'000 bis 30'000 Hektaren gross. (100 bis 300 km2 etwa so gross wie der Kanton Zug!) Abgesehen von den Städten, Nationalparks und den Wüsten wurde das ganze Land seit der Unabhängigkeit 1990 in Farmland unterteilt. (siehe Map unten) Die Farmen bestehen meistens aus einem grossen Wohnhaus mit Garten, einem Arbeiterwohnhaus, einer Scheune für Landwirtschaftsgeräte, Ställen, einem Wassertank, Solar- oder Windradanlagen für die Stromversorgung und einem Gästehaus. (siehe Bild)

 

 

In Namibia gibt es fünf verschiedene Farmtypen:

- Gästefarmen -- Farmleben für Touristen mit Unterkünften & Verpflegung

- Jagdfarmen -- Farmen für Jagdtourismus und Trophäenjagd

- Viehzucht-Farmen -- Farmen für Vieh-, Schweine- und Schafzucht und Fleischproduktion

- Wildfarmen -- Farmen spezialisiert auf Wildtierzucht wie Antilopen, Strausse und Zebras. Wildfleisch ist sehr beliebt.

- Astrofarmen -- sehr abgelegene Farmen für Amateurastronomen / ausgestattet mit den nötigen Instrumenten wie Teleskope und Unterkünfte.

 

In zwei Wochen gehe ich übrigens den wohl schönsten Sternehimmel in meinem Leben auf einer solchen Astrofarm bestaunen.



Sehr typisch für die Farmen sind die sogenannten Windmaschinen. Die Windräder pumpen mit Hilfe der Windkraft Wasser aus den Wasserlöchern und leiten dieses direkt in Tränke für die Tiere. Die Windmaschinen können mitten im Busch stehen und dienen den Farmern auch zur Orientierung. Farmland ist häufig sehr flach und kann mit seinen Büschen und kleinen Bäumen sehr ähnlich aussehen. Mit der Höhe der Windmaschine kann man ungefähr abschätzen wie tief das Wasserloch ist. Je höher das Windrad desto tiefer ist das Loch. Leider sind die Windräder aufgrund der vielen drehbaren Teilen anfällig auf Schäden. Deshalb werden die Windmaschinen immer häufiger durch Solarwasserpumpen ersetzt. Sonne hat es in diesem Land definitiv genug. Dadurch wird aber das traditionelle Farmbild ein wenig zerstört...

Ebenfalls etwas ganz besonderes sind die Wildzäune auf den Farmen und entlang der Strassen. Im Bild seht ihr einen doppelt so hohen Zaun als normal. Das bedeutet, dass in diesem Gebiet Giraffen leben. Giraffen könnten nämlich einen tiefen Zaun ohne Probleme überwinden. Die Zäune sind ziemlich aufwändig aufgebaut und mehrere Kilometer lang. Etwa alle 20 Meter ist ein Pfahl aus Holz im Boden verankert, der die Spannung der Drähte sicherstellt. Etwa alle 200 Meter ist eine Eisenstange im Boden einbetoniert, die die Stabilität des ganzen Zauns gewährt. Zwischen den einzelnen Drähten werden Äste und Stöcke eingeflechtet, damit die Drähte immer im gleichen Abstand zueinander stehen. Meiner Meinung nach sind diese Zäune richtige Meisterwerke. Doch die Tiere finden häufig einen Weg unter oder über den Zäunen durch. Eine Herde Zebras könnte einen Zaun auch einfach umrennen!

Die Farmer in Namibia haben kein leichtes Leben. Viele Farmer sind weiss d.h. sind Nachfahren der Kolonialzeit. Das löst bei den einheimischen Völkern - besonders bei den Hereros - Hass aus, denn sie denken, dass das Land eigentlich ihnen zu stände. So sind Diebstähle, Überfälle und sogar Morde von Tieren sowie Farmern keine Seltenheit. Zudem regnet es seit sieben Jahren zu wenig - insbesondere der sonst schon trockene Süden leidet heftig darunter. Im letzten Sommer hat es stark unterdurchschnittlich Niederschlag gegeben, sodass die Wiesen und Weiden immer mehr vertrocknen (siehe Bild unten). Die Farmer sind gezwungen nicht nahrhafte Büsche (siehe Bild rechts) zu Futter zu häckseln, was man bis zu diesem Jahr noch nie machen musste! Ausserdem betreiben einige Farmer bereits illegale Landnahme sogenannte Hegegebiete, die eigentlich für Wildtiere und Tourismusaktivitäten reserviert sind, mit ihren Rindern.

Ich habe auch schon Hirten mit ihren Kühen gesehen, die entlang der Strassen die Reservezone zwischen Strasse und Wildzaun abgrasten. Die Tiere sahen sehr mager aus. Die Verzweiflung der Farmer ist gross! Viele beginnen, ihr Vieh not-zuschlachten, bevor sie noch ganz abmagern. Ein Farmer erzählte mir, dass die Viehpreise drastisch gesunken sind. Sie konnten eine nur 280 kg schwere und knochige Kuh für gerade noch 400 Rand verkaufen - umgerechnet CHF 27.-!

 

 

Die Stimmung der Farmer ist ziemlich ernüchternd und hoffnungslos. Trotzdem waren sie an den Farmgottesdiensten noch ziemlich fröhlich. Wir hoffen natürlich, dass wir ihnen Mut zusprechen konnten.

 

 

Bitte betet für das Land Namibia und seine Farmer. Die Landwirtschaft ist eines der wichtigsten Wirtschaftsstandbeine des Landes und für die Versorgung der Bevölkerung verantwortlich. Betet für die Regierung, damit sie die richtigen Entscheidungen bei den Hilfsgeldern trifft.

Was ich sonst noch so erlebte

Am Wochenende hatten wir die Hauptprobe für unsere viertägige Wanderung im Naukluft-Gebirge. Unsere Truppe verbrachte eine Nacht auf einer privaten Jagdfarm. Am Freitag und Samstag liefen wir insgesamt 32 Kilometer! Ich glaube so weit bin ich in meinem Leben noch nicht gewandert. Meine Füsse und mein Knie schmerzten dementsprechend. Doch ich kriegte gute Tipps gegen Blasen, welche auch funktionierten. Mein Gepäck war etwa 15 Kilo schwer. Wir kochten mit Gaskochern und über dem Feuer. Schlafen taten wir im Flussbett eines Trockenflusses - einem sogenannten "Rivier" - der in der Regenzeit zu einem reissenden Strom werden kann! Ich habe die Nacht im Freien ohne Zelt etwas unterschätzt. Als ich versuchte einzuschlafen, wurde mir erst so richtig bewusst, wie viele wilde Tiere auf der Farm leben - giftige Schlangen, Skorpione, Käfer, Antilopen, Gnus, Warzenschweine, Giraffen, Schakale, Hyänen und sogar Leoparden! Ja es war mir definitiv etwas mulmig zu Mute und ich habe dementsprechend Alpträume gehabt. :-D Doch meine Befürchtungen trafen nicht ein und die Tiere liessen uns in der Nacht in Ruhe. Am Morgen kurz nach Sonnenaufgang sahen wir dafür eine Herde Gnus über den Weg rennen und ziemlich in der Nähe die Silhouetten von Giraffen. Das war schon ein geniales Erlebnis. Ich freue mich sehr auf die Wanderung im Naukluft-Gebirge. Wir sind gerade an den letzten Vorbereitungen. Ich ging noch zum Arzt, welcher bestätigen musste, dass ich fit und gesund genug für den Hike bin. Ich schreibe eine Woche vor der Wanderung noch mehr über unsere Route, Vorbereitungen und das Naukluft-Gebirge.

Die Stadtmission bietet alle paar Monate eine Schulandacht an der Deutschen Privatschule (DHPS) an. Am Freitagmorgen zwischen sieben und neun Uhr kommen alle Schüler von der 1. bis 4. Klasse in die Kirche gleich neben der Schule. Die drei Andachten dauern je 30 Minuten. Eine davon ist auf Englisch, weil es einige schwarze Kinder an der Deutschen Schule gibt, die Deutsch erst noch lernen müssen. Natürlich darf das Singen nicht fehlen. Ich finde es super, dass die Schulleitung diese Andachten im Unterricht einplant, denn die Schule ist eigentlich nicht christlich ausgerichtet. Im August werde ich mich dann auch an der Andacht beteiligen und mal die Handpuppe namens Fred ausprobieren! :-)

So, genug für die Woche 8. Vielen Dank für die positiven Rückmeldungen zu meinen Blogeinträgen. Ich freue mich besonders über die Kommentare. Das motiviert mich auch weiterhin Blogeinträge zu schreiben! :-)

 

Macht's gut und bis zum nächsten Mal!

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Kommentare: 3
  • #1

    Papi (Donnerstag, 20 Juni 2019 13:24)

    Lieber Samuel, ich freue mich immer sehr auf deine iteressanten Wochenberichte. Ich kann es jede Woche kaum erwarten, bis wieder ein neuer Bericht aufgeschaltet ist. Nun wünsche ich dir weiter viel Kraft und Freude in Namibia. Ganz liebe Grüsse dein Papi.

  • #2

    Irene (Samstag, 22 Juni 2019 15:25)

    Hoi Samuel, ein sehr guter Bericht hast Du da geschrieben. Da merkt man wieder mal wie gut es uns geht. Viel Glück und Spannung für Deine Tour. L.G. Irene

  • #3

    Desi (Sonntag, 07 Juli 2019 23:15)

    Hey Sam
    Ja echt unglaublich mit was für Sorge anderi Mensche zkämpfe hend:-(
    Emal na es grosses Kompliment, du schriebsch eifach meega spannend und informativ. Du hesch da e richtigi Begabig. Cool chömmir so hutnäch a dine Erläbnis teilha. Heb dir und dim Chnü;-) Sorg. Herzlich Sis